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Erklärungsansätze der Lese-Rechtschreibstörung

 

Bei der Ätiologiebetrachtung der Lese-Rechtschreibstörung bilden sich, nach Warnke und Roth (2000), zwei übergeordnete Sichtweisen heraus. Die somatogene Erklärung basiert auf Faktoren, welche sich aus einer genetischen Veranlagung oder vor, während und nach der Geburt entstandener Hirnfunktionsstörungen ergeben. Die soziokulturelle und die psychogene Argumentation schreiben psychogenen Lernhemmungen, psychosozialen Einflüssen und unzureichenden Förderung Nachwirkungen zu. Warnke und Roth (2000) sind der Auffassung, dass neurologisch begründbare Ursachen durch die Hirnforschung stark an Bedeutung gewonnen haben (vgl. ebd.).

Warnke et al. (2002, 2004) betrachten die Legasthenie als eine Veranlagung, welche bei einer optimalen Förderung weitestgehend kompensiert werden kann. Dagegen kann sie bei einer mangelnden Unterrichtung zu schwerwiegendem Versagen im Lesen und Rechtschreiben führen. Diese Störung kann somit nicht auf mangelnde Erziehung, ungenügenden Unterricht oder psychische Gründe zurückgeführt werden. Die genannten Faktoren beeinflussen zwar das Ausmaß der Lese-Rechtschreibstörung, gelten aber nicht als ihre Ursache (vgl. Warnke et al. 2002: 30; vgl. Warnke et al. 2004: 10).

Klicpera et al. (2007) vermuten, dass nicht nur persönliche Motive des betroffenen Kindes, wie zum Beispiel eine geringe Lernvoraussetzung, sondern ebenso ein fehlender Familienbeistand und ein ungenügender Unterricht zusammenwirken. Schließlich verursachen diese Faktoren in der Grundschulzeit einen offensichtlichen Entwicklungsrückstand im Lesen und Rechtschreiben. Diese Einflüsse können dabei nicht unabhängig voneinander betrachtet werden, sondern sie stehen in einer dynamischen Wechselbeziehung. Beispielsweise bedingen familiäre Einflüsse die Lernvoraussetzungen ihrer Kinder beim Schuleintritt. Geringere Lernvoraussetzungen sind keinesfalls als endgültig anzusehen. Nach dem Schuleintritt des Kindes können sich nämlich sowohl Schule als auch Familie bemühen, dass diese Lernvoraussetzungen gefördert werden. Des Weiteren können fehlende Voraussetzungen durch eine individualisierte Methode im Erstleseunterricht oder eine gute familiäre Unterstützung kompensiert werden. Die Verbesserungen der Schüler im Lesen und Schreiben wirken schließlich auf die Lernvoraussetzungen zurück (vgl. Klicpera et al. 2007: 160).

     

Die Unterpunkte zu diesem Kapitel sollen einen Einblick in verschiedene Erklärungsansätze der Lese-Rechtschreibstörung geben.